Funkkommunikation rund um EM2024

  • Hallo!

    Für die EM 2024 sind die EM-Spielorte über 10 Host Citys verteilt.

    Hier in Dortmund, auch eine Host City, wurde zur Abdeckung der Kommunikation für alle EM2024-Veranstaltungen (also neben lokalen Spielen auch alle auswärtigen Spiele zwecks Public Viewing) ein DMR-Netz errichtet.

    Betreiber ist nicht zweifelsfrei feststellbar, aber sehr wahrscheinlich wurden diese Funknetze von der UEFA gemietet.

    Die technische Umsetzung hier vor meiner Haustür zeugt aber von Fachkräftemangel und Unfähigkeiten die beinahe schon bemitleidenswert sind.

    Das Funknetz beschäftigt mich schon seit etwa 12.06. wo der Schalter umgelegt wurde.

    Mehrere Signale der Kategorie -30dBm brachten meine GM380 (RX bei 450MHz rum) schlagartig ins schwitzen.

    Delikat auch die Frequenzverteilung:

    Alles Unterband / Oberband:

    CH1 440,3750 / 445,3750MHz

    CH2 440,3875 / 445,3875MHz

    CH3 441,4750 / 446,4750MHz

    CH4 441,5250 / 446,5250MHz

    Nicht nur das die lokal im Umkreis einiger Km den kompletten bereich 445-448MHz dicht machen, haben die offenkundig massive Kommunikationsprobleme.

    Die Ursachen rieche ich über meine Antennen:

    Ganz offensichtlich mangelhafte RX/TX-Entkopplung bei den Relais. Also mindestens völlig falsch justierte Duplexweichen, möglicher weise auch gar keine Duplexweichen.

    Ebenso scheinen die vier Relais sich auch gegenseitig zu stören.

    Und die Krönung des ganzen: Bei DMR-Bündelfunk trennt man die Nutzergruppen in Talkgroups, nicht in Frequenzen!

    Bei diesem Teil aber wurden einfach vier identisch programmierte Hytera Relais mit XPT hingeworfen wo alle genutzten Talkgroups voneinander isoliert genutzt werden. Eine Weiterleitung irgendwelcher Talkgoups über die Relais hinweg gibt es nicht.

    Und was noch kurioser ist:

    Darüber funken nicht nur die ehrenamtlichen Helfer, Security und Logistik drüber,

    sondern primär der Sanitätsdienst bestehend aus allen möglichen HiORG's nutzt dieses System und ärgert sich fast täglich über die miese Kommunikation.

    Mich würde nun interessieren:

    Wie sieht es in anderen Host Citys aus?

    Was seht Ihr wenn ihr den SDR-Stick mal über 440-470MHz schnuppern lässt?

    Sind die Zustände in den anderen Host Citys genau so desaströs?

    Jürgen

    • Offizieller Beitrag

    Sind das Kurzzeitzuteilungen?

    Ich wohn leider viel zu weit vom Schuss. Stuttgart ist zu weit weg.

  • Hallo!

    Sind das Kurzzeitzuteilungen?

    Ich wohn leider viel zu weit vom Schuss. Stuttgart ist zu weit weg.

    Jawollja, das sind definitiv Kurzzeitzuteilungen.

    Denn als die Signale auftauchten dachte ich sofort an die EM 2024.

    Denn wenn die SNG's der Rundfunkanstalten ihre Refaces mit ihren locker 30W einschalten, hatte ich die selben Effekte.

    Allerdings waren es diesmal keine analogen Reface-üblichen analogen Frequenzen bei 450/460MHz, sondern eben DMR-Signale in den 440-448MHz Regiefunkbereichen, was mich zunächst extrem wunderte.

    Denn alles womit die Rundfunkanstalten Sprechfunk ist FM, von DMR und anderen Digitalfunk halten die sich aus Prinzip fern.

    Um so erstaunter war ich am ersten EM-Spieltag wer dort funkte:

    SanitätsLeitstelle, Einsatzabschnittsleiter, Sanitäter, Notärzte, KTW's und RTW's.

    Das scheint zahlenmäßig der Nutzer mit den meisten Funkgeräten in diesem Netz zu sein.

    Erst einige Tage später stolperte ich auch über Talkgroups wo EM-Security Fanmärsche begleitete, sowie Stadionlogistik usw.

    Also ganz klar ein Funknetz rund um EM-Veranstaltungen.

    Denn mit Regiefunk von Rundfunkanstalten oder Programmproduzenten, wofür diese Kanäle eigentlich gedacht sind, hat der Betrieb da absolut nichts zu tun.

    Mein Hauptproblem zwischen dem 12.6. und 25.6. waren die schieren Großsignale knapp unter -30dBm an meiner Antenne, in Verbindung mit der Frequenzverteilung 445,375 / 445,3875 / 446,475.

    Am 25.06., also letzten Dienstag hat da vormittags jemand an den Relais gearbeitet.

    446,475MHz wurde für knapp 5 Minuten abgeschaltet, warscheinleich aufgrund Neuprogrammierung, und war anschließen 12dB schwächer! Statt -30 nur noch erträgliche -42dBm.

    Das selbe anschließend bei 445,3875 und anschließend 445,375MHz.

    Ganz offensichtlich wurde also die Sendeleistung massiv runter gesetzt...12dB sind schon eine Hausnummer!

    Das, sowie ebenso erfreulich für mich war, das die 445,3875MHz an diesem Dienstag abgeschaltet wurde.

    Sowie so gut, bis dann gestern, am 26.06. das ganze richtig bizzar wurde.

    Statt das man mal grundlegende Sachen prüft, wie z.B. die Dämpfung zwischen Antenne und Empfängereingang, sowie die Weichenübernahme zu messen, wurde die unsägliche 445,3875MHz wieder eingeschaltet, und ein viertes Relais dazu gestellt auf 446,525MHz.

    Das heißt der technische Betreuer geht offenbar davon aus das die Gesprächskapazitäten für den Funkverkehr nicht ausreicht. Dabei liegt das Problem nicht an der Funkauslastung, sondern ganz klar daran das die Relais sich selber und gegenseitig die Empfänger zustopfen.

    Also abseits dessen, das die Jungs offenbar Ihre Sendeleistung absolut nicht im Griff haben, kommen noch weitere Probleme dazu.

    Drei oder aktuell vier DMR-Relais offensichtlich alle am selben Standort machen keinen Sinn.

    Falls Duplexweichen für alle Relais verwendet werden, stimmt offensichtlich was in derem Abgleich nicht. Allerdings vermute ich eher das gar keine Duplexweichen sondern je Relais zwei Antennen benutzt werden.

    Das wären dann bei vier Relais eben unfassbare 8 70cm Strahler auf dem selben Gebäude.

    Hab heute mal eine grobe Erkundungsfahrt gemacht um den Standort dieser Misere ein zu grenzen.

    Die zwei Punkte die ich zunächst vermutete (Fernsehturm sowie alter 60m hoher Brauerreisilo) sind es nicht.

    Vor dem Stadion laue -80dBm. Maximalpegel -41dBm hatte ich irgendwo in der Pampa wo weit und breit kein geeignetes Gebäude steht.

    Und ich frage mich nun, ob das nur lokal hier in Dortmund so katastrophal läuft, oder an mehreren / allen Host Citys.

    Jürgen

    • Offizieller Beitrag

    SanitätsLeitstelle, Einsatzabschnittsleiter, Sanitäter, Notärzte, KTW's und RTW's.

    Das scheint zahlenmäßig der Nutzer mit den meisten Funkgeräten in diesem Netz zu sein.

    Warum nutzen die nicht ihr TETRA-Netz?

    Denn mit Regiefunk von Rundfunkanstalten oder Programmproduzenten, wofür diese Kanäle eigentlich gedacht sind, hat der Betrieb da absolut nichts zu tun.

    Hast du eine Idee, weswegen die Bundesnetzagentur auf diese Frequenzen gekommen ist?

    Und steht den Rundfunkanstalten, Programmproduzenten, o.ä. die Regiefunk-Frequenzen zur selbständigen Frequenzwahl zur Verfügung, oder werden Einzelfrequenzen zugeteilt wie sonst auch beim Betriebsfunk üblich?

    Die zwei Punkte die ich zunächst vermutete (Fernsehturm sowie alter 60m hoher Brauerreisilo) sind es nicht.

    Ja, gut. Wenn gleich solch exponierte Standorte (Fernsehturm) im Raum stehen, dann kann ich ja mal beim nächsten Spiel mal scannen.

    Zumindest auf 2m bekomme ich die Stuttgarter Straßenbahnbetriebe (SSB), die von einem sehr exponierten Standort aus senden.

    Allerdings ist der komplette Bereich 438-450 MHz an manchen Abenden schwierig von hier. Da reichts dann nicht mal für DB0AA, obwohl das Relais nur wenige Km sehr exponiert steht und eigentlich normalerweise sehr kräftig ankommt. Und umgekehrt mit der 0,5 W Handgurke ausgezeichnet gearbeitet werden kann.

  • Hallo zusammen,

    dieses Thema wird auch in einem andern Forum diskutiert und viele Vermutungen aufgestellt. Wir alle kennen nicht die Hintergründe, warum so ein DMR-Netz in der Luft ist.

    In der Planung und Vorbereitung auf so eine sensible Veranstaltung wird sich keiner der Verantwortlichen, z.B. Feuerwehr, auf ein Netz, was möglicherweise durch die UEFA beauftragt worden ist, verlassen und dies auch nutzen.

    Um so erstaunter war ich am ersten EM-Spieltag wer dort funkte:

    SanitätsLeitstelle, Einsatzabschnittsleiter, Sanitäter, Notärzte, KTW's und RTW's.

    Die Aussage, das der Rettungsdienst über dieses DMR Netz abgewickelt wird, halte ich für sehr gewagt und führt zu Verunsicherung. Als führende Einsatzmittel wird hier sicherlich TETRA BOS genutzt, auch im Hinblick auf eine sichere Kommunikation und Verschlüsselung zwischen allen beteiligten BOS Kräften bei einer Einsatzlage wie z.B.

    MANV.

    mit freundlichen Grüßen
    Tom

    köpi61

  • Hallo!

    Warum nutzen die nicht ihr TETRA-Netz?

    Das ist eine verflixt gute Frage die ich mir freilich auch stellte.

    Denn selbst wenn es um knappe Netzrecoursen ginge im BDBOSNET, bliebe ja immer noch die Möglichkeit mit DMO-Repeatern zu arbeiten.

    Allerdings habe ich zwischenzeitlich eine bestätigung gefunden das die da selbstverständlich auch alle BOS-TETRA haben.

    Denn während der Sprechfunk über dieses DMR-Netz läuft, sieht es bei Status anders aus -> TETRA.

    Hast du eine Idee, weswegen die Bundesnetzagentur auf diese Frequenzen gekommen ist?


    Und steht den Rundfunkanstalten, Programmproduzenten, o.ä. die Regiefunk-Frequenzen zur selbständigen Frequenzwahl zur Verfügung, oder werden Einzelfrequenzen zugeteilt wie sonst auch beim Betriebsfunk üblich?

    Bei Kurzzeitzuteilungen fällt die Entscheidung über Frequenzzuteilungen immer nach der Prämisse Störungen anderer Frequenznutzungen zu minnimieren.

    So ist die Entscheidung für dieses DMR-Netz wahrscheinlich schon vor Monaten gefallen, da man wohl meinte das dort die wenigsten Störpotentiale liegen.

    Was diesen Frequenzbereich konkreten Bereich des Regiefunkes angeht:

    440,1250 - 440,1875 / 445,1250 - 445,1875

    440,3125 - 440,3875 / 445,3125 - 445,3875

    441,2625 - 441,3500 / 446,2625 - 446,3500

    441,4625 - 441,6250 / 446,4625 - 446,6250

    Diese Frequenzen wird in aller Regel niemals als Bündel "zur freien Frequenzwahl" zugeteilt.

    Im Gegenteil ist dieser Bereich gegenüber allen anderen Reportegafunkbereichen am strengsten auf regionale Örtlichkeiten und maximale Antennenhöhen von 5m über Grund festgeschrieben.

    Dieses sind die Standardfrequenzen für den Regie- und Kommandofunk innerhalb von Studios.

    Schon vor 30 Jahren blieb mein Scanner dort häufig stehen wenn ich z.B. im Düsseldorfer Studiobereich unterwegs war.

    Man glaubt ja gar nicht wie heiter und Unterhaltsam der Regiefunk von Teleshopping-Studios sind...

    Ja, gut. Wenn gleich solch exponierte Standorte (Fernsehturm) im Raum stehen, dann kann ich ja mal beim nächsten Spiel mal scannen.

    Die Wahl des Standortes dürfte in jeder Host City anders ausfallen.

    Die Spezialität hier in Dortmund ist aber der weitläufige Veranstaltungsbereich zusammen mit der Topologie.

    Stadion und Westfalenpark (1. Public Viewing-Fläche) liegen topologisch nahe nebeneinander.

    Da bräuchte es kein Megastandort um diese beiden Flächen gut zu versorgen.

    Die 2. Public Viewing-Flache liegt hingegen 2,5 km nördlich hinter einer Erhöhung.

    Ganz grob zur Verdeutlichung der Topologie:

    Stadion etwa 100m ASL

    2. Veranstaltungsfläche 97m ASL

    Dazwischen eine geologische Erhebung mit Grasnarbe 122-130m ASL

    Alle drei Veranstaltungsorte mit einem Relaisstandort so gut versorgen das Handfunkgeräte problemlos überall und in jeder Position gehört werden wäre machbar nur mit Standorten jenseits 60m über Boden.

    dieses Thema wird auch in einem andern Forum diskutiert und viele Vermutungen aufgestellt. Wir alle kennen nicht die Hintergründe, warum so ein DMR-Netz in der Luft ist.

    In der Planung und Vorbereitung auf so eine sensible Veranstaltung wird sich keiner der Verantwortlichen, z.B. Feuerwehr, auf ein Netz, was möglicherweise durch die UEFA beauftragt worden ist, verlassen und dies auch nutzen.

    Genau das ist ja der Knackpunkt.

    Ich könnte es verstehen wenn:

    - Der Wunsch bestand alle Funkkommunikation zu Bündeln und die UEFA zahlen lassen...

    - Die Idee wäre, neben BDBOSNET ein zweites, unabhängiges Funknetz zu haben...

    Wäre aber inzwischen hinfällig.

    Denn wenn in der heißen Einsatzphase gefühlt 20-30% aller Funksprüche von Handfunkgeräten gar nicht, oder nur zur Unkenntlichkeit zerfetzten Geräuschfragmenten führt, sollte es eigentlich Ärger geben.

    Zumal sich dieses inzwischen über alle Vorrundenspiele anhielt.

    Die Aussage, das der Rettungsdienst über dieses DMR Netz abgewickelt wird, halte ich für sehr gewagt und führt zu Verunsicherung. Als führende Einsatzmittel wird hier sicherlich TETRA BOS genutzt, auch im Hinblick auf eine sichere Kommunikation und Verschlüsselung zwischen allen beteiligten BOS Kräften bei einer Einsatzlage wie z.B.

    MANV.

    Tja, also die Fahrzeuge haben selbstverständlich alle MRT, und die meisten wichtigen RD'ler auch ein HRT am Mann.

    Warum diese das DMR-Netz nutzen ist mir Schleierhaft.

    Was aber Verschlüsselung angeht sehe ich bei Sanitätsdienst keine Gründe.

    Denn im Gegensatz zum normalen Rettungsdienst geht es bei Sanitätsdienst niemals um schützenswerte personenbezogene Daten. Eben keine Patientennahmen, sondern ausschließlich entpersonifizierte Erstdiagnosen.

    Was bei eskalierenden Szenarien, wie MANV, passiert frage ich mich auch wie das mit dem Funknetz gehen soll.

    Denn schon im Normalfall hätte ich hohe Anforderungen an solch ein Funknetz. Die angespannte Sicherheitslage kommt hinzu. Warum man das Technikern überlässt deren Problembekämpfungshorizont nur bei Laptop und Programmierkabel liegt, finde ich brand gefährlich.

    Ebenso wundert mich das merkwürdige Rumgebastel an diesem Funknetz.

    Gestern und heute wären ideale Tage gewesen die Relais mal komplett zu checken inklusive aller Antennen, Kabel, etwaiger Filter.

    Aber ne, wenn da ein überforderter Techniker anfängt zu bastelt ist das immer erst wenige Stunden vor einer heißen Einsatzphase.

    So wie am 25.06...

    In Talkgrop 1 beginnt der Sanidienst mit seiner Aufstellung, Prüfung der Sprachverständlichkeit zu den Rettungsmitteln, wartet auf Fans, während der Techniker noch auf Talkgroup 9 in Selbstgesprächen darüber sinniert warum er den Fehler nicht findet.

    Und das unmittelbar vor meiner Nase.

    Knapp 1,2km südlich vom Stadium und 1,3km vom Friedensplatz sitze ich fast genau mittig auf knapp 118m ASL.

    Jürgen