Aktuelle Gebührenordnung Betriebsfunk

  • Hallo in die Runde!


    Hier wollte ich nun mal einen aktuellen Aufklärungsartikel tippern, nachdem ich gestern erst wieder mal 2h am Telefon hing deswegen. Wieviel kostet eine Frequenzzuteilung aktuell?


    Seit Oktober 2021 gelten neue Gebührensätze für Frequenzzuweisungen unter Anderem auch für den Betriebsfunk.

    Dumm aber das die geltene Regelung in der BGebV-FreqZut viele trotz ihrer Detailtiefe noch Detailfragen offen lies und selbst bei der BnetzA lange Zeit Ratlosigkeit und Überforderung in deren Anwendung ausgelöst hat.


    Nachdem meine auslaufende Frequenzzuweisung letzten Jahreswechsel erneuert werden musste, griff schon das neue Gebührenmodell BGebV-FreqZut. Und nun habe ich nach knapp 8 Monaten endlich zur Zuweisung den Gebührenbescheid und erstmals abschließenden Überblick inklusive zweier Details die offenbar nicht geregelt waren.


    Das alte Sytem für Frequenzzuweisungen, basierend auf 130€ pauschal für den ersten Kanal + 60€ für jeden weiteren Kanal, welches uns in Deutschland seit Jahrtehnten begleitet hat, ist nun endlich weg.


    Ungerecht war diese Pauschale weil diese eine Gleichbehandlung vorgaukelte die aber nie wirklich vorhanden war. Welcher Nutzer hat welche Reichweite? Geht es um ein Taxibetrieb dessen hunderte Fahrzeuge in einem großen Wirtschaftsraum arbeiten müssen, oder um einen kleinen Verein der sich zwei Handfunken für die Kommunikation auf dem Sportplatz anmelden will?

    Alle zahlten unabhängig von Kanalbreite oder Reichweite pauschal 130€ für eine Simplex-Frequenz oder eben 190€ für eine Duplex-Frequenz (Relais).


    Das neue Verfahren berücksichtigt hingegen viele denkbaren Faktoren eines Funknetzes sowie die Lenkungskomponente.


    https://www.gesetze-im-internet.de/bnetzafreqzutbgebv/BNetzA_BGebV-FreqZut.pdf


    Dort in der Gebührentabelle unter Punkt B.4 kann man das Verfahren beschnuppern.

    Der Lenkungshebel besteht in dem Basisbetrag, welcher die Frequenzbänder nach Wert und Auslastung bewertet.

    4m 68-87,5MHz hat Basisbetrag 0,56€

    2m 87,5-174MHz hat Basisbetrag 1,12€

    70cm 380-470MHz hat Basisbetrag 4,20€


    Diese Basisbeträge werden dann multipliziert mit einer Reihe weiterer Parameter:

    Basisbetrag x t x B x A x E x N

    t ist die Laufzeit in Jahren, also 10 für eine normale 10jährige Zuteilung.

    B ist die zugeteilte Kanalbreite in MHz, also 12,5kHz als 0,0125MHz und 6,25kHz als 0,00625MHz.

    A ist die flächenmäßige Reichweite einer Feststation in Km²

    E ist der Exklusivitätsfaktor, bei Gemeinschaftsfrequenzen ist E = 0,5 bei Exclusiver Zuweisung 1.

    N ist der Nutzungsfaktor welcher nicht berücksichtigt wie viel gefunkt wird, sondern ein Multiplikator für die Fläche in welcher die mobilen Funkstellen sich bewegen dürfen. N ist bei Funknetzen mit Feststation immer 1.


    Als Beispiel mal eine universelle Kleinanwendung wie sie in den letzten 20 Jahren enorm zugenommen haben:

    Kleine Funknetze bestehend aus einer Feststation auf einem Werks- / Betriebsgeländes und ein paar Handfunken die auf dem Betriebsgelände funken müssen.

    Das ganze für 10 Jahre (t) und 12,5kHz Kanalbreite (B) als Gemeinschaftsfrequenz (E=0,5).

    Basisbetrag x t x B x A x E x N wären also:


    4m 0,56€ x 10Jahre x 0,0125MHz x 200km² x 0,5 x 1 = 7,00€

    2m 1,12€ x 10Jahre x 0,0125MHz x 200km² x 0,5 x 1 = 14,00€

    70cm 4,20€ x 10Jahre x 0,0125MHz x 200km² x 0,5 x 1 = 52,50€


    Was sofort auffällt: Die Lenkungswirkung der Basisbeträge.

    Bei absolut gleichen Variablen ist gut zu sehen wie die Gebühren mit den Frequenzbändern steigen.


    Ebenso die Reichweite der Feststation. 200Km²? Welches Firmengelände hat 200Km²?

    Auch das ist in der BGebV-FreqZut deutlich erkennbar.

    Wann immer eine Feststation oder Relais aufgebaut wird um sicher ein Betriebsgelände von vielleicht 7-20Km² zu versorgen, kann man ja nicht verhindern das die Feststation weit über die Grundstücksgrenzen hinaus reicht.

    Mindestwert für A ist also auf ein realistisches Maß für die physikalisch anzunehmende Reichweite (hier Radius 8Km) angehoben.

    Selbstverständlich steigt A rasant an, wenn die Antennenhöhe enorm vergrößert wird.

    A = 200Km² ist ein Mindestfaktor für kleine Feststationen, was immerhin einen Radius von 8Km entspricht.

    Kategorie Antenne maximal 10-15m über Boden, z.B. 3m Mast auf Wohnhaus.


    Will man das zulässige Maximum gemäß VVnömL rausholen:

    16Km Radius auf 2m und 70cm wäre A=804,3Km² und auf 4m mit Radius 30Km wäre A dann 2827,4Km².

    Also Kategorie Antenne auf einem Hohaus (>>25m über Grund) oder Berg:


    4m 0,56€ x 10Jahre x 0,0125MHz x2827,4km² x 0,5 x 1 = 98,96€

    2m 1,12€ x 10Jahre x 0,0125MHz x 804,3km² x 0,5 x 1 = 56,30€

    70cm 4,20€ x 10Jahre x 0,0125MHz x 804,3km² x 0,5 x 1 = 211,13€


    Wie man sieht ist bis auf fast alles deutlich günstiger geworden bei der Frequenzzuteilungsgebühr.

    Für das damals beliebte 2m Band bezahlt man je nach Reichweite der Feststation (Antennehöhe über Topologischem Umfeld) nur noch 14,00 - 56,30€ statt damals pauschal 130€.

    Lediglich auf 70cm wurd es teurer wenn man die zulässige Maximalreichweite ausreizt.


    Die Punkte aber welche meine Zuteilung betrafen jedoch in der BGebV-FreqZut nirgends nachvollziehbar erwähnt wurden:

    1.: Internationale Koordinierung wegen Grenznähe zu NL für meinen 4m Kanal.

    2.: Gelten diese Angaben auch für Duplex (Relais)?


    Schon immer waren internationale Koordinationen im Grenzgebiet zu Nachbarstaaten ein langwidriger und teurer Batzen der auf dem Gebührenbescheid oben drauf kam, manchmal gar dreistellig.

    Doch ich staune: In meinem aktuellen Gebührenbescheid ist dieser Punkt "Internationale Koordination" plötzlich verschwunden!


    Der zweite Punkt ist weniger Erfreulich aber erwartbar.

    Die Frequenznutzung als Duplex-Relais kann nicht einfach eingepreißt werden wie zwei einzelne Simplex-Frequenzen. Wenn man schon Funknetze so feinteilig berechnet war nachvollziehbar das es da einen Hebel geben muss.

    So gibt es im Gebührenbescheid einen zusätzlichen Multiplikator welcher bei Duplex jeweils für beide Duplexfrequenzen angewendet wird!


    Simplex-Feststation bei A=200km² (entsprechend 8km Radius) käme auf:

    4m 7,00€

    2m 14,00€

    70cm 52,50€


    Duplex-Relaisfunkstelle bei A=200km² (oder 8km Radius) käme auf:

    4m Unterband 2x 7,00€ = 14,00€

    4m Oberband 2x 7,00€ = 14,00€

    2m Unterband 2x 14,00€ = 28,00€

    2m Oberband 2x 14,00€ = 28,00€

    70cm Unterband 2x 52,50€ =105,00€

    70cm Oberband 2x 52,50€ = 105,00€


    Also je Duplexkanal Ub+OB zusammen:

    28,00€ im 4m Band

    56,00€ im 2m Band

    210,00€ im 70cm Band


    Der Unterschied zwischen Simplex-Feststation (1 Frequenz) und Duplex-Relais (2 Frequenzen) ist also der bislang nicht genannte Faktor 4.

    Umgerechnet auf die maximale zulässigen Reichweiten (Radius 16km auf 2m & 70cm und 30km für 4m) gilt dann:


    4m 0,56€ x 10Jahre x 0,0125MHz x2827,4km² x 0,5 x 1 = 98,96€ Simplex oder Duplex x 4 = 395,84€

    2m 1,12€ x 10Jahre x 0,0125MHz x 804,3km² x 0,5 x 1 = 56,30€ Simplex oder Duplex x 4 = 225,20€

    70cm 4,20€ x 10Jahre x 0,0125MHz x 804,3km² x 0,5 x 1 = 211,13€ Simplex oder Duplex x 4 = 844,52€


    Komplexe Thematik, aber ich hoffe ich konnte da ein wenig aufklären.


    Jürgen

    • Offizieller Beitrag

    Moin Jürgen, vielen Dank für die Übersicht und Auf-und Erklärung.


    Wie mag es dann wohl bei den Wanderfrequenzen aussehen ?! Hoffentlich nehmen die dann nicht die

    gesamte Fläche der Bundesrepublik zur Berechnung ;)

    Gruss Flo 13RF112


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  • Hallo!

    Moin Jürgen, vielen Dank für die Übersicht und Auf-und Erklärung.


    Wie mag es dann wohl bei den Wanderfrequenzen aussehen ?! Hoffentlich nehmen die dann nicht die

    gesamte Fläche der Bundesrepublik zur Berechnung ;)


    Wanderfrequenzen...hehe...

    Man könnte meinen das Wanderfrequenzen ein Sonderfall wären, aber minichten!


    Sämtliche Beispielrechnungen aus meinem Posting beziehen sich auf den Betriebsfunk-Regelfall mit einer Feststation (oder gar Relais) und einem Bewegungsradius der mobilen Geräte innerhalb der Fläche welche die Feststation festlegt.


    Wanderfrequenzen, sowie viele andere Funkanwendungen ohne Feststation, wo aber eine Flotte mobiler oder tragbarer Geräte miteinander funken wollen, laufen nach der selben Berechnungsformel.

    Im Gegensatz zu diesen Beispielen mit Feststation nennt die BnetzA sowas "flexibles Einsatzgebiet".


    Dabei verändern sich zwei Variablen der Berechnungsformel:


    Parameter A welcher mit Werten 200km² bis 804km² die Reichweite der Feststation beinhaltet, wird herrabgesetzt auf eine realistische Reichweite der mobilen Funkstellen.

    A für mobile Funkstellen ist mit 50km² festgelegt (Mobil & HFG's)


    Parameter N, der Nutzungsfaktor.

    Bei allen Beispielen oben war N=1, weil der Bewegungsradius der mobilen Geräte identisch war mit Parameter A oder weniger.

    Ohne diese Feststation als Referenz beschreibt nun N die Größe des "flexiblen Einsatzgebietes" = Bewegungsbereich mobil.


    N = 2 für bis zu 100km² Einsatzgebiet

    N = 4 für bis zu 1000km² Einsatzgebiet

    N = 6 für bis zu 10000km² Einsatzgebiet

    N = 8 für bis zu 100000km² Einsatzgebiet

    N = 10 für bundesweite Nutzung


    Für Wanderfrequenzen setze also A mit 50km² und N mit 10.


    Und nö...diese Berechnungsbeispiele klemme ich mir jetzt.

    Denn als ich das gestern mal durchrechnete waren die Gebühren überraschend...


    Jürgen