Frequenzen Überlagerung, totaler Durchschlag?

  • Hallo miteinander,


    vielleicht kann mir das jemand erklären, wie ist technisch so was möglich? Ich war vorhin mit dem KFZ unterwegs. Ich hab 'ne mobile Scannerantenne (Magnetfuß) auf dem KFZ-Dach angebracht, die direkt in meinen Handscanner ICOM IC-R6 führt. Es war eine Freq. im 4m-Band auf dem Scanner eingestellt, irgendwo zwischen 84-85 Mhz, weiß nicht mehr genau. Ich hab ein leicht schwankendes (durch die Bewegung des KFZ bei ca. 20-30 km/h) Signal gehört, aber es war saustark trotz Fading, also Santiago 9. Ich hatte nix verstanden, also habe ich mal zwischen den Modes gespielt und kurz mal auf Wide-FM geschaltet und ich hörte zwar etwas verzerrt aber deutlich erkennbar einen mir bekannten Radio-Sender aus dem UKW-Bereich. Ich hab daraufhin wieder auf FM geschaltet, und nun konnte ich auch wirklich deutlich den ATIS-Flugfunk-Dienst meines nahegelegenen Airports hören (leicht verzerrt, aber verständlich!). Ich kenne ihn, weil ich ihn nur wenige Minuten zuvor auch abgehört hatte. Ich erkannte sogar deutlich die ATIS-Info dass es sich um diesen Sender handelte.


    Wie kann es sein, daß ich auf der 85MHz-Frequenz diese zwei Stationen überlagert gehört habe? Ich kenne das noch aus meinen alten CB-Zeiten, dass starke Signale auf die Nachbarkanäle rüberschlagen können, aber passiert sowas auch bei solch extremen Frequenz-Unterschieden? Also zwischen 85MHz (=die eingedrehte VFO-Freq. am Scanner) und 126MHz (ATIS Flughafen) ist doch ein gewaltiger UNterschied ?!


    Kann mir das jemand technisch erklären?

  • Hallo!


    Zitat

    Original von Sloop
    Wie kann es sein, daß ich auf der 85MHz-Frequenz diese zwei Stationen überlagert gehört habe? Ich kenne das noch aus meinen alten CB-Zeiten, dass starke Signale auf die Nachbarkanäle rüberschlagen können, aber passiert sowas auch bei solch extremen Frequenz-Unterschieden? Also zwischen 85MHz (=die eingedrehte VFO-Freq. am Scanner) und 126MHz (ATIS Flughafen) ist doch ein gewaltiger UNterschied ?!


    Wilkommen im Reich der preiswerten Breitbandempfänger (Scanner) und physikalischen Gegebenheiten.


    Du weist wie ein Empfänger funktioniert, sprich das die Antennensignale mit einer Oszillatorfrequenz gemischt werden um auf eine fest vorgegebene Zwischenfrequenz weiterverarbeitet werden zu können?


    Erkenntniss: Frequenzen lassen sich mischen!
    Und nicht nur das sie sich addieren und subtrahieren...mitnichten!
    Frequenzen haben je nach Signalgüte auch noch harmonische, also Spektralanteile bei vielfachen der eigentlichen Senderfrequenz.


    Wie das ganze funktioniert findet man z.B. hier:


    http://de.wikipedia.org/wiki/Intermodulation


    Interessant (weil Funkbezogen) ist auch dieses hier:


    http://www.shuredistribution.d…teme/funk-intermodulation


    Derartige Frequenzmischungen treten generell an allen Halbleiterelementen auf, welche ausserhalb des optimalen Arbeitspunktes laufen, z.B. weil sie schlichtweg übersteuert werden, die Antennensignale also zu stark werden.


    Funktioniert so...:


    Der Scanner bekommt üder seine Antenne das ATIS-Signal bei 126MHz.
    Ebenso wird er über die selbe Antenne angebrüllt von einem Rundfunksender bei 105,5MHz.


    Beide Signale prasseln auf den winzigen, empfindlichen Transistor ein der die eigentlich eher schwachen Antennensignale verstärken soll.
    Er kommt ins schwitzen und versucht weiterhin seinen Dienst zu tun.
    Allerdings mit folgender Nebenwirkung:


    Das Rundfunksignal auf der 105,5MHz ist derart heftig, das im Transistor die erste Harmonische daraus erzeugt wird: 2 x 105,5MHz = 211MHz.


    Diese mischt sich nun mit der etwas schwächeren ATIS-Station:


    Addition : 211MHz + 126MHz = 337MHz <- stört nicht weiter
    Subtraktion 211MHz - 126MHz = 85MHz <- hups, da empfängt der Scanner gerade!


    Schaue einfach mal die exakten Frequenzen nach.
    Also die exakten Frequenzen von dem ATIS bei dir, sowie die reale Sendefrequenz von dem Radiosender der beteiligt ist/war.


    Ich möchte fast wetten, das die 4m Frequenz die du empfangen wolltest auf 2xRundfunk minus ATIS lag.


    Halbwegs ausbessern kann man solche Effekte mittels Abschwächung der Antennenpegel, such mal in der Anleitung nach "ATT" oder ähnlich, hat der R6 bestimmt.


    Der beste Schutz ist es aber nicht auf Frequenzen wild rum zu scannen auf denen eh nix zu finden ist, sondern nur wenige wichtige Kanäle zu empfangen.
    Weil zuverlässig und massenhaft stolpert man über solche Intermoduationsprodukte meißt, wenn man im 5kHz Raster wild z.B. zwischen 80 und 87,5MHz rumscannt.
    Würde man sich begnügen mit z.B. 84-87,5MHz und ausschließlich das Kanalraster was wirklich die Kanäle exakt trifft, nix dazwischen, ist das schon sehr viel seltener.
    Am seltensten ist es, wenn der wichtigste regionale Kanal von sowas betroffen ist.
    Das ist dann wirklich Pech...
    Da hilft dann nur noch Dämpfungsfunktion.
    Reicht die auch nicht mehr, hilft nur noch ein anständiges Betriebsfunkgerät, oder gar eines mit TR-BOS Nummer.


    Grüße aus Dortmund


    Jürgen Hüser

    • Offizieller Beitrag

    Hi Jürgen,


    deine Erklärungen sind immer wieder sehr verständlich und fachlich korrekt ausgedrückt!


    Supiiii :applaus

  • Jürgen, herzlichen Dank für deine ausführliche Erklärung. Das haut wirklich hin, die Frequenuen passen wirklich gut zu deinem Rechenbeispiel. Unglaublich ! schon wieder was dazu gelernt (davon gibt's ja genug, vor allem für 'nen Anfänger wie mich :rolleyes: ) Aber ich hatte im 4m-Band kein 5kHz-Raster eingestellt sondern das KORREKTE Raster verwendet. Ich hab mich quasi exakt auf den richtigen 4m-Kanälen herumbewegt. ATT-Funktion (Abschwächer) bietet mein IC-R6 aber zu dem Zeitpunkt wäre ich nie auf die Idee gekommen. Also ist die Antenne zu gut/sensibel für den Handscanner oder Mist? Das Problem tritt nämlich nur mit meiner externen Antenne auf. Mit der original ICOM Gummiantenne hatte ich sowas nie.


    Danke nochmals.

  • Hallo!


    Zitat

    Original von Sloop
    Jürgen, herzlichen Dank für deine ausführliche Erklärung. Das haut wirklich hin, die Frequenuen passen wirklich gut zu deinem Rechenbeispiel. Unglaublich !


    Na dann kann ich ja glücklich sein. :]
    Im übrigen geht sowas auch noch viel komplexer.
    Stell dir vor man scannt zwischen 400-406MHz nach Wetterballons, und der Scanner bleibt zwischendurch immer auf einer Frequenz stehen, wo was laut schrabbelt.
    Bei genauerer Analyse hörst du dann 6 verschieden starke Modulationsreste, von denen du drei kennst (z.B. Polizei, Nahverkehr und Afu-Relais), ein viertes sich anhört wie ein AM-Rundfunksender irgendwo auf Mittelwelle oder Kurzwelle und zwei weitere die du nie gehört hast.
    Und Patsch, sobald alle diese Signale gleichzeitig senden, hört man alle zusammen auf 40X,xxMHz
    Da kann man rechnen wie der Teufel, aber ohne alle Variablen zu kennen kommt man da niemals zu einem Aha-Erlebnis.


    Zitat

    Original von Sloop
    Aber ich hatte im 4m-Band kein 5kHz-Raster eingestellt sondern das KORREKTE Raster verwendet. Ich hab mich quasi exakt auf den richtigen 4m-Kanälen herumbewegt.


    Gut, dann hast du schon dutzende andere solcher Intermodulationsstörungen erfolgreich übersprungen.


    Zitat

    Original von Sloop
    ATT-Funktion (Abschwächer) bietet mein IC-R6 aber zu dem Zeitpunkt wäre ich nie auf die Idee gekommen. Also ist die Antenne zu gut/sensibel für den Handscanner oder Mist? Das Problem tritt nämlich nur mit meiner externen Antenne auf. Mit der original ICOM Gummiantenne hatte ich sowas nie.


    Eine Antenne die zu gut oder sensibel ist, gibt es nicht.
    Es ist ganz einfach der zulässige Dynamikbereich des Scanners, der vom Rundfunksender und dem ATIS-Sender drastisch überschritten wird.


    In professionellen Funkgeräten wird direkt hinter der Antennenbuchse das Frequenzband auf einen möglichst schmalen Bereich eingeengt.
    Ein 4m BOS-Gerät z.B. hat da ein Filter sitzen, welcher oberhalb vom 87,3MHz steilflankig greift und bereits bei 100MHz schon gut 15dB und bei 130MHz locker um 40-70dB dämpft.
    Zusätzlich wird, solange genügend Strom vorhanden ist (z.B. bei Mobilfunkgeräten) zugesehen das man den ersten Vorverstärkertransistor bisschen stabiler wählt und ihn mit einer höheren Basisvorspannung und somit einem höheren Kollektorruhestrom betreibt.
    Hierdurch wird er ein wenig unempfindlicher, kann aber nicht mehr so leicht übersteuert werden.


    Grüße aus Dortmund


    Jürgen Hüser