Seenotretter testen neue Funktechnik

    • Offizieller Beitrag

    Im Notfall kommt es auf schnelle Hilfe an. Auf See entwickelt sich die Telemedizin zu einem wichtigen Instrument. Doch sie funktioniert nur bei guter Funkverbindung. Deshalb testen die Seenotretter jetzt ein neues System.

    Von Frank Behling


    Kiel

    Das neue Breitband-Satelliten-System soll Diagnosen und Behandlungshinweise immer dann möglich machen, wenn ein Patient nicht schnell genug an Land gebracht werden kann und die Besatzungsmitglieder mehr als Erste Hilfe leisten müssen.

    "Die Telemedizin ist für uns auf See sehr wichtig", erklärt Ralf Baur von der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger aus Bremen. Am Freitag startete der Rettungskreuzer "Anneliese Kramer" von Laboe aus zu einer ersten Testfahrt in Richtung östliche Ostsee.

    Vier neue Antennen am Peildeck

    Bei den bisherigen Satelliten-Anlagen befinden sich die Antennen unter Kuppeln. Sie sind drehbar, richten sich nach dem jeweiligen Satelliten aus. "Dabei kann es aber zu Unterbrechungen kommen. Das soll es mit dem neuen System so nicht mehr geben", sagt Baur.

    Bei dem neuen Breitband-System setzt der Hersteller auf vier starre Antennen, die am Peildeck befestigt und in alle vier Himmelsrichtungen ausgerichtet sind. Dadurch ist eine ständige 360-Grad-Abdeckung möglich.

    Die "Anneliese Kramer" wird bis in die äußersten Teile der deutschen Hoheitsgewässer fahren. "Wir wollen sehen, ob das System auch in weit entfernten Gebieten funktioniert", sagt Baur. Gerade für den Einsatz der Telemedizin, bei der ein Arzt von Land aus die Besatzung bei der Versorgung von Patienten über eine Video-Schaltung berät, ist ein unterbrechungsfreier Datentransfer wichtig.

    Die vierköpfigen Besatzungen der Rettungskreuzer sind in Erster Hilfe als Rettungsassistenten ausgebildet. Einen Arzt gibt es dagegen auch an Bord der 20 größeren Kreuzer der DGzRS nicht. Zwar kann bei besonders dramatischen Lagen ein Hubschrauber geholt werden. Bei Nebel oder starkem Dunst ist das jedoch nicht möglich.

    Kontakt mit Berliner Kliniken

    In solchen Fällen muss der Patient an Bord des Rettungskreuzers bleiben und auf dem Seeweg an Land gebracht werden. "Solche Strecken können schon sehr lang werden. Deshalb ist es gut, wenn die Besatzung bei der Behandlung Hilfe bekommen kann", sagt Baur. Bei Schlaganfall-Patienten muss zum Beispiel schnell gehandelt werden.

    Bereits vor vier Jahren startete die DGzRS eine Kooperation mit der Berliner Charité und dem Unfallkrankenhaus Berlin. Die telemedizinische Beratung durch erfahrene Notärzte kann von dort aus rund um die Uhr erfolgen. Wichtig ist dafür aber die Übermittlung von Vitaldaten und Bildern für die Diagnosen. Die Ärzte können den Besatzungen dann möglichst wirkungsvolle Behandlungsanweisungen geben und deren Ausführung auch in Echtzeit überwachen.

    Logistische Entscheidungen zur weiteren Notfallversorgung können so auf solider medizinischer Grundlage getroffen werden, teilt die Gesellschaft mit. Die Technik ermöglicht außerdem die Überwachung des Patienten nach der akuten Phase, also während des Transportes mit dem Seenotkreuzer. Diese Leistungen konnten die bisherigen Anlagen mit dem drehbaren Antennen unter den Kuppeln nicht leisten.

    Technik stammt aus dem Militärbereich

    Die neuen vier Antennen-Platten haben ihre Vorbilder bei den großen Radaranlagen im Militärbereich. Die US Navy setzt ähnliche Antennen bereits seit Jahren ein. Durch den Verzicht auf die drehende Antenne wird zwar mehr Platz benötigt, aber eine höhere Leistung und Sicherheit erreicht.

    Beim Datendownload liegt die unterbrechungsfreie Leistung bei vier Megabyte pro Sekunde. "Beim Upload stehen 2,5 MB pro Sekunde zur Verfügung", sagt Baur. Diese Datenmengen reichen sowohl zum Übertragen von Bildern und größeren Dokumenten als auch für Live-Bilder mit hoher Auflösung.

    Die ersten Tests werden bis Ende nächster Woche vor Rügen und Gedser gemacht. Danach soll ein zweiter Test in der Nordsee erfolgen. Insgesamt sind zwei Monate dafür eingeplant. Neben der "Anneliese Kramer" soll auch die "Hermann Marwede" als Plattform zum Einsatz kommen.


    Quelle: https://www.kn-online.de/Nachr…ttechnik-fuer-Telemedizin